Bund und Länder beraten über Wege zu einer zukunftsfähigen Agrarpolitik
Zwei Tage lang wurde Heidelberg zum Zentrum der deutschen Agrarpolitik: Unter dem Vorsitz des baden-württembergischen Ministers für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, tagten die Agrarministerinnen und -minister sowie Agrarsenatorinnen und -senatoren von Bund und Ländern bei der Herbst-Agrarministerkonferenz (AMK) 2025. Im Mittelpunkt der Beratungen standen zentrale Zukunftsfragen der Landwirtschaft – von der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) über Bürokratieabbau bis hin zu Themen wie Tierwohl, Pflanzenschutz und Naturschutz. Minister Hauk betonte zum Auftakt die gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern: „Wir stehen in der Pflicht, unsere Landwirtschaft zukunftsfähig zu machen – ökonomisch, ökologisch und gesellschaftlich. Dafür müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, die Innovation und Nachhaltigkeit gleichermaßen ermöglichen.“
Fokus auf die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2027
Ein zentraler Punkt der Konferenz war die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union nach dem Jahr 2027. Bund und Länder sind sich einig: Die GAP muss ein eigenständiger Politikbereich bleiben, mit einem verlässlichen und ausreichend ausgestatteten Agrarbudget. „Die Landwirtschaft braucht Planungssicherheit und faire Wettbewerbsbedingungen“, erklärte Hauk. „Nur mit einer starken, klar finanzierten GAP können wir die Einkommen unserer Landwirte sichern und gleichzeitig den Umwelt- und Klimaschutz voranbringen.“ Besondere Aufmerksamkeit galt dabei den Vorschlägen der EU-Kommission zur Degression und Kappung der Direktzahlungen. Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus warnte eindringlich vor den Folgen: „Gerade in Ostdeutschland würden große, historisch gewachsene Betriebe massiv getroffen – mit fatalen Auswirkungen auf Arbeitsplätze und die wirtschaftliche Stabilität ganzer Regionen.“ Die Mehrheit der Länder forderte daher, den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Umsetzung der GAP zu gewähren.
Tierwohl, Pflanzenschutz und Naturschutz im Spannungsfeld
Auch beim Thema Tierhaltung gab es intensive Diskussionen. Die Ministerinnen und Minister betonten, dass das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz Landwirten, Handel und Verbrauchern gleichermaßen dienen müsse – und nicht zu mehr Bürokratie führen dürfe. Hauk forderte eine grundlegende Überarbeitung und eine Verschiebung des Inkrafttretens: „Das Gesetz ist kein Selbstzweck. Es muss Tierwohl fördern, aber auch wirtschaftlich tragfähig sein.“ Große Einigkeit bestand zudem in der Kritik an der aktuellen Zulassungspraxis für Pflanzenschutzmittel. Die Verfahren seien zu langsam, zu kompliziert und führten zu Wettbewerbsnachteilen für deutsche Landwirte. Hauk forderte „schnellere Allgemeinzulassungen statt Notfalllösungen“ und eine europaweit einheitliche Vorgehensweise. Auch bei Naturschutzmaßnahmen mahnten die Länder mehr Pragmatismus an: Ziele wie Biodiversität und Moorschutz seien wichtig, müssten aber ohne übermäßige Eingriffe und Bürokratie erreicht werden.
Bürokratieabbau als Schlüssel für Zukunftsfähigkeit
Ein zentrales Thema zog sich durch alle Diskussionen: die Notwendigkeit, die Bürokratie in der Land- und Forstwirtschaft deutlich zu reduzieren. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer betonte die Dringlichkeit: „Die Bürokratie ist in den letzten Jahren schneller gewachsen als jedes Unkraut. Wir müssen jetzt den Mut haben, Prozesse zu vereinfachen und Vertrauen in unsere Landwirte zu setzen.“ Nach seinen Angaben konnten bereits über 20 Millionen Euro an Bürokratiekosten eingespart werden – ein wichtiger, aber noch nicht ausreichender Schritt. Rainer forderte zudem Verlässlichkeit bei der EU-Agrarförderung: „Unsere Höfe verdienen eine GAP, die sich an ihrer Realität orientiert. Wir dürfen sie nicht mit immer neuen Auflagen belasten, sondern müssen sie in ihrer Arbeit bestärken.“
Wolfsmanagement: Zwischen Artenschutz und Sicherheit
Heiß diskutiert wurde auch das Thema Wolfsmanagement. Mecklenburg-Vorpommern hatte einen Beschlussvorschlag eingebracht, den Wolf ins Jagdrecht zu überführen und das Bundesnaturschutzgesetz entsprechend anzupassen. Minister Backhaus argumentierte: „Die jüngste Herabstufung des Schutzstatus auf EU-Ebene schafft die Grundlage für ein modernes, differenziertes Bestandsmanagement. Wir brauchen endlich rechtssichere und praxistaugliche Verfahren, um Wölfe in Regionen mit hoher Population entnehmen zu können.“ Die AMK forderte den Bund einstimmig auf, entsprechende Gesetzesentwürfe vorzulegen. Ziel sei es, Weidetierhaltung und Artenschutz in Einklang zu bringen. Nur wenn die Bevölkerung sehe, dass verantwortungsbewusst gehandelt werde, könne Akzeptanz für den Schutz der Wölfe geschaffen werden.
Heidelberg sendet starkes Signal an Brüssel und Berlin
Mit der Herbst-Agrarministerkonferenz in Heidelberg haben Bund und Länder deutlich gemacht, dass sie gemeinsam für eine zukunftsfähige, nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Landwirtschaft eintreten. Der Ruf nach Bürokratieabbau, fairen Rahmenbedingungen und europäischer Planungssicherheit zieht sich wie ein roter Faden durch die Ergebnisse der Konferenz. Minister Hauk zog ein positives Fazit: „Die Landwirtschaft ist das Rückgrat unserer Regionen. Sie verdient Vertrauen, Wertschätzung und verlässliche politische Unterstützung. In Heidelberg haben wir gezeigt, dass Bund und Länder bereit sind, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen – für unsere Landwirte, für unsere ländlichen Räume und für die Ernährungssicherheit in Deutschland.“
