95 Jahre nach den Umbrüchen der Nachkriegszeit entstand das neue Land aus drei Verwaltungseinheiten — und der entscheidende Schritt wurde am 25. April 1952 um 12:30 Uhr im Landtag erklärt.
Dieses frühe Beispiel zeigt, wie aus regionaler Vielfalt ein leistungsfähiger südweststaat wurde. Das Zusammenspiel von politischem Handwerk, klaren Regeln und breiter Zustimmung machte das Projekt tragfähig.
Die verfassung trug später dazu bei, die Identität zu festigen. Institutionen und gelebte Verfassungskultur gaben dem neuen länder-Gebilde Halt, obwohl zuvor keine gemeinsame Staatlichkeit bestand.
In dieser Fallstudie siehst du konkrete Entscheidungen: Abstimmungsbezirke, legitime Debatten und die formelle Vereinigung im Landtag. Daraus lassen sich praktische Schritte für Reformen in anderen Regionen ableiten.
Schlüssel-Erkenntnisse
- Historisch gewachsene Vielfalt wurde in ein stabiles Staatswesen überführt.
- Politisches Handwerk und klare Verfahren schufen breite Zustimmung.
- Die Verfassung stärkte Institutionen und Alltagskonsens.
- Transparente Abstimmungen erhöhten Legitimität.
- Konkrete organisatorische Entscheidungen entschieden über Erfolg.
Worum es in dieser Fallstudie geht – und wie du davon profitieren kannst
Hier erfährst du, welche Elemente eine Neugliederung resilient und akzeptiert über viele jahre machen. Die Analyse richtet sich an Praktikerinnen und Praktiker, die Reformen planen oder begleiten möchten.
Im Zentrum steht eine klare frage: Wie gelingt eine landes-Neuordnung, die Akzeptanz schafft und tragfähige Strukturen hervorbringt? Die historischen Daten zeigen, wie drei länder nach 1945 neu geordnet wurden und welche Mechanismen Vertrauen schufen.
Was du aus der Entstehungsgeschichte für heutige Landesreformen mitnehmen kannst
- Klare Verfahren, Zeitpläne und Zuständigkeiten machen die Zusammenarbeit zwischen ländern planbar.
- Sachliche Kommunikation stärkt das Vertrauen der bevölkerung und erhöht die Transparenz bei Abstimmungen.
- Frühzeitige Identifikation zentraler Konflikte erlaubt geregelte Lösungen statt emotionaler Eskalation.
- Konkrete Handlungsschritte helfen, Identitäten zu respektieren und gleichzeitig ein handlungsfähiges landes-Gefüge zu schaffen.
Am Ende bekommst du konkrete Empfehlungen, wie du die Logik der drei länder von damals in moderne, kooperative Formate überführst. So lässt sich Neugliederung als praktischer, über Jahre robuster Prozess denken.
Nachkriegsrealität im deutschen Südwesten: Drei Teilräume, ein Ziel
Die alliierte Neuordnung teilte das Gebiet im südwesten klar in drei Verwaltungsräume. Diese Aufteilung folgte militärischen Zonen, nicht historischen Linien.
Die Amerikaner formten Württemberg-Baden; seine hauptstadt war Stuttgart. Innerhalb dieses Gebildes erhielt das landes baden weite Verwaltungsautonomie.
Die Franzosen setzten Württemberg-Hohenzollern mit hauptstadt Tübingen. Parallel entstand das Land Baden mit der Metropole Freiburg als hauptstadt.

- Du siehst, wie die alliierten nach 1945 die Landkarte neu zeichneten: drei länder baden im weiteren Sinn mit getrennten Verwaltungen.
- Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden teilten das gebiet und schufen parallele Behördenwege.
- Die Verwaltungsautonomie in Teilen von Württemberg-Baden zeigt, wie lokale Spielräume trotz fremder Vorgaben genutzt wurden.
- Das Teilen administrativer Räume brachte kurzfristig Ordnung, langfristig aber den Ruf nach Zusammenführung.
Grundgesetz als Türöffner: Artikel 118 und die Weichenstellung
Mit Artikel 118 eröffnete das Grundgesetz einen festen Weg zur Neuordnung des Gebiets im Südwesten. Die Regel stellte eine Ausnahme zu Artikel 29 dar und bot zwei klare Optionen: Einigung der beteiligten Länder oder ein Bundesgesetz mit Volksbefragung.
Vom Beschlussauftrag der Militärgouverneure zur Sonderregelung
Am 1. Juli 1948 gaben die alliierten den Auftrag zur länder-neugliederung. Der Parlamentarische Rat arbeitete 1948 bis mai 1949 am Grundgesetz und berücksichtigte diesen Auftrag.
Im April 1950 stimmten die alliierten der Sonderregel in artikel 118 zu. Damit bestand ein verfassungsrechtlicher Mechanismus, der Planbarkeit und Legitimation verband.
Warum die Einigung der Regierungschefs zunächst scheiterte
Verhandlungen zwischen Leo Wohleb, Reinhold Maier und Gebhard Müller blieben zunächst ohne Ergebnis. Zielbilder und Verfahren unterschieden sich; das blockierte schnelle operative Schritte.
- Das grundgesetz mit artikel 118 schuf rechtliche Klarheit für die drei südwestdeutschen Einheiten.
- Ohne Einigung der länder hätte ein Bundesgesetz mit Volksbefragung gegriffen.
- Die alliierten Zustimmung 1950 war formal entscheidend; politisch blieb die Einigung schwierig.
- Der zeitliche Zusammenhang zum mai 1949 zeigt, dass Verfassungsgebung und Neugliederung parallel liefen.
Die Probeabstimmung 1950: Meinungsbild und regionale Unterschiede
Die Informationsabstimmung vom 24. September 1950 erfasste erstmals die Stimmung der Bevölkerung in den einzelnen Regionen. In Württemberg stimmten über 90 prozent zugunsten eines südweststaat. Nordbaden zeigte mit mehr als 57 prozent Zustimmung ein geteilteres, aber positives Bild.
Nord- und Südwürttemberg klar pro, Südbaden dagegen
In Südbaden lehnte knapp 60 prozent den Zusammenschluss ab. Im gesamten alten Baden ergab sich damit keine mehrheit für den neuen Staat. Diese Zahlen machten deutlich, dass lokale Bindungen stark variierten.
- Die unverbindliche abstimmung machte die Stimmungslage der bevölkerung sichtbar und bot Orientierung für das weitere Vorgehen.
- Hohe Zustimmungen in Nord- und Südwürttemberg gaben Rückenwind für die Idee des Zusammenschlusses.
- Für die landes-Planung hieß das: Differenziertes Vorgehen und regionale Kommunikation.
- Die länder-Perspektive half, Abstimmungsbezirke und Argumentationslinien faktisch zu begründen.
- Wichtig: Mehrheiten in Teilräumen ersetzen nicht automatisch ein Gesamtresultat — diese Lehre prägte die spätere Strategie.
Volksabstimmung am 9. Dezember 1951 und die Gründung 1952
Am 9. Dezember 1951 entschied die Bevölkerung verbindlich über die künftige Gestaltung des Südwestens. Die volksabstimmung erreichte eine Beteiligung von über 60 Prozent und brachte insgesamt knapp 70 Prozent Zustimmung zu einem einheitlichen Südweststaat.

Mehrheiten in drei von vier Abstimmungsbezirken
Drei der vier Abstimmungsbezirke votierten mehrheitlich für den Zusammenschluss: Nordwürttemberg, Südwürttemberg-Hohenzollern und Nordbaden. Südbaden sprach sich dagegen für die Wiederherstellung Badens aus.
Vom Urnengang zur formalen Gründung
Am 9. März 1952 wählte die Verfassungsgebende Versammlung die Abgeordneten (CDU 50, SPD 38, DVP/FDP 23, BHE 6, KPD 4).
Nach seiner Wahl zum ministerpräsident erklärte Reinhold Maier am 25. April 1952 um 12:30 Uhr die Gründung des neuen Staates und bildete eine Koalitionsregierung aus DVP/FDP, SPD und BHE.
| Datum | Teil | Wert |
|---|---|---|
| 9. Dez. 1951 | Beteiligung | über 60 Prozent |
| 9. Dez. 1951 | Zustimmung Gesamt | knapp 70 Prozent |
| 9. März 1952 | Abgeordnete (Sitzverteilung) | CDU 50, SPD 38, DVP/FDP 23, BHE 6, KPD 4 |
| 25. Apr. 1952 | Erklärung | Reinhold Maier, 12:30 Uhr – Gründung und Regierungsbildung |
Machtarchitektur im Wandel: Von Reinhold Maier zu Gebhard Müller
Die ersten Regierungsmonate nach der Gründung zeichneten sich durch fragile Mehrheiten und schnellen Führungswechsel aus.

Am 25. April 1952 erklärte reinhold maier die Vereinigung und bildete eine regierung aus DVP/FDP, SPD und BHE. Die CDU blieb in der Opposition; der sogenannte „schwarze Freitag“ markierte den politischen Bruch.
Koalitionsarithmetik, CDU in der Opposition und der „schwarze Freitag“
Maier blieb nur rund eineinhalb jahre im Amt als ministerpräsident. Oktober 1953 trat er zurück, nachdem die Koalitionsarithmetik ins Wanken geraten war.
November 1953: Landesverfassung verabschiedet – der Name offiziell
Gebhard Müller übernahm und bildete eine breiter eingebundene regierung. Sein Ziel war die Festigung der Institutionen und der Abschluss der Verfassung.
| Datum | Ereignis | Beteiligte |
|---|---|---|
| 25. Apr. 1952 | Gründung erklärt | reinhold maier, Regierung DVP/FDP–SPD–BHE |
| Okt. 1953 | Rücktritt | Maier tritt zurück; Übergang |
| 11. Nov. 1953 / 19. Nov. 1953 | Verfassung verabschiedet / in Kraft | gebhard müller, landesverfassung, Name offiziell |
| März 1952 | Frühe Parlamentsarbeit | Abstimmungen, länder-Integration |
Landesverfassung, direkte Demokratie und Verfassungskultur, die trägt
Seit Inkrafttreten der verfassung am 19. november 1953 prägten formelle Beteiligungswege das politische System. Die landesverfassung verankerte von Anfang an Volksbegehren und Volksabstimmungen.
Diese Instrumente schaffen eine direkte Rückkopplung zwischen Parlament, Regierung und Gesellschaft. Dadurch werden Entscheidungen nachvollziehbar und Konflikte früh entlastet.

Volksbegehren und Volksabstimmungen als feste Wege
Die landesverfassung strukturiert Beteiligung klar. Volksbegehren ermöglichen Initiativen aus der Bevölkerung. Volksabstimmungen fällen verbindliche Urteile zu wichtigen Fragen.
Neue Rechtswege: Landesverfassungsbeschwerde und Gerichtsumbenennung
Seit 2013 gibt es die Landesverfassungsbeschwerde. Bürgerinnen und Bürger können nun Eingriffe in Landesrechte direkt prüfen lassen.
2015 erhielt der frühere Staatsgerichtshof den Namen Verfassungsgerichtshof. Das stärkte die Sichtbarkeit der verfassung als Schutzinstanz.
Kontrolle und Balance: Die EnBW-Entscheidung 2011
2011 stellte das Gericht fest, dass die Regierung beim EnBW-Kauf das Haushaltsrecht des Landtags verletzte. Das Urteil schärfte das Verhältnis zwischen Exekutive und abgeordneten.
Lehre: Starke Kontrollrechte des Parlaments sichern das rechtmäßige Handeln der Regierung und fördern Vertrauen im staatlichen Prozess.
| Datum | Ereignis | Konsequenz |
|---|---|---|
| 19. Nov. 1953 | Inkrafttreten der Verfassung | Verankerung von Volksbegehren und Volksabstimmungen |
| 2011 | EnBW-Entscheidung | Parlamentarisches Haushaltsrecht gestärkt |
| 2013 | Landesverfassungsbeschwerde | Direkter Rechtsweg für Grundrechtsprüfung |
| 2015 | Umbenennung Gericht | Verfassungsgerichtshof als zentrale Instanz |
Einheit durch Vielfalt: Identität, Medienlandschaft und Spuren der Teilung
Die Geschichte im südwesten zeigt, wie regionale Profile bewahrt und zugleich gemeinsame Strukturen geschaffen wurden.
Medien und Kultur spielten dabei eine Schlüsselrolle. Bis 1998 existierten zwei öffentlich-rechtliche Sender: SWF und SDR. Deren Fusion zum SWR bündelte Ressourcen und schuf eine gemeinsame Plattform für das ganze Gebiet.
Geteilte Kulturstandorte und Verwaltungsgliederung
Wichtige Einrichtungen wie Staatstheater, Staatsgalerie, Landesmuseum und Landesbibliothek gibt es doppelt — in Karlsruhe und in Stuttgart. Das spiegelt historische Linien, ohne das gemeinsame Staatsgefüge zu schwächen.
Die vier Regierungsbezirke stärkten lokale Verantwortung und ermöglichten zugleich koordinierte Landespolitik.
Die Abstimmung vom 7. Juni 1970
Die frage des Verbleibs wurde demokratisch geklärt: Am juni 1970 stimmte die bevölkerung mit hoher Beteiligung ab. Bei über 62% Beteiligung entschied knapp 82% mehrheitlich zugunsten des Verbleibs im land baden-württemberg.
Das bundesverfassungsgericht hatte 1956 den Weg für diese erneute Abstimmung freigemacht und so Rechtssicherheit geschaffen.
- Medienfusion und doppelte Kulturangebote sind Beispiele, wie länder baden-Linien produktiv weiterwirken.
- Die Abstimmung im juni 1970 zeigte: demokratische Klärung stärkt Integration.
- Konsequenz: Regionale Profile erhalten, gemeinsame Institutionen stärken Zusammenhalt.
| Bereich | Beispiel | Wirkung |
|---|---|---|
| Rundfunk | SWF + SDR → SWR (1998) | Gebündelte Medienpräsenz im Südwesten |
| Kultur | Karlsruhe & Stuttgart | Regionale Identität und bundesweite Angebote |
| Demokratie | 7. Juni 1970 | Klare mehrheit und Rechtssicherheit |
Warum Baden-Württemberg Vorbild für andere Bundesländer ist
Das südwestliche Modell zeigt, wie differenzierte Traditionen in ein handlungsfähiges Gemeinwesen überführt werden können.
Pragmatische Neugliederung, belastbare Mehrheiten und klare Zuständigkeiten
Die neugliederung setzte auf klare Regeln und verbindliche Verfahren. So entstanden belastbare Mehrheiten, die dem staat Stabilität gaben.
landes baden-württemberg nutzte Abstimmungen und abgestufte Verfahren, um regionale Vorbehalte auszugleichen. Ergebnis: Akzeptanz statt Zwang.
Zusammenwachsen erlauben: regionale Identitäten bewahren, gemeinsame Institutionen stärken
Der südweststaat bewahrte lokale Profile und baute zugleich starke, gemeinsame Strukturen auf. Das stärkte Vertrauen über ländern-Grenzen hinweg.
- Konkretes Ziel definieren und Verfahren festlegen.
- Regionale Stimmen früh einbinden, Ergebnisse verbindlich machen.
- Kompetenzen präzise zuschneiden, damit das land handlungsfähig bleibt.
- Institutionelle Balance vor schnellen Effekten stellen.
Fazit: landes baden-württemberg zeigt praxisfähige Schritte. Wer Reformen plant, profitiert von diesem doppelten Gewinn aus Identitätsschutz und institutioneller Schlagkraft.
Was du heute daraus ableiten kannst: Impulse für Reformen im föderalen Staat
Die Erfahrungen aus der Gründungsphase zeigen, wie gesetzliche Rahmen und Bürgerbeteiligung Reformen tragfähig machen.
Richte jeden Reformfahrplan am grundgesetz und an der landesverfassung aus. Klare artikel und Zuständigkeiten reduzieren Konflikte und schaffen Rechtssicherheit.
Nutze transparente Beteiligungswege wie volksabstimmung und Volksbegehren, plane Etappen statt großer Sprünge und binde Zentren wie Stuttgart oder Tübingen ein.
Lerne von Persönlichkeiten wie Reinhold Maier, Gebhard Müller und Leo Wohleb: Kombination aus Tatkraft und Konsens schafft mehrheitliche Akzeptanz.
Setze Meilensteine (mai 1949, 19. november, november 1953) und stärke parlamentarische Kontrolle. Das bundesverfassungsgericht und spätere Instrumente zeigen, wo rechtliche Grenzen liegen.
