John Grube Preis 2025 geht an Team des Universitätsklinikums Freiburg
Große Anerkennung für die Freiburger Rheumatologie: Drei Wissenschaftler*innen der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie am Universitätsklinikum Freiburg sind mit dem renommierten John Grube Forschungsförderpreis 2025 ausgezeichnet worden. Prof. Dr. Marta Rizzi, Prof. Dr. Jens Thiel und Prof. Dr. Nils Venhoff erhielten den mit 20.000 Euro dotierten Preis für ihre wegweisende Arbeit zur Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) – einer seltenen, aber schweren Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene Blutgefäße angreift.
Die Preisverleihung fand im Rahmen des Deutschen Rheumatologiekongresses 2025 in Wiesbaden statt und würdigte die Studie als wichtigen Beitrag für eine präzisere und schonendere Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Gefäßentzündungen.
„Unsere Ergebnisse helfen zu verstehen, warum eine eigentlich sehr wirksame Therapie bei manchen Patient*innen das Immunsystem stark beeinträchtigt“, erklärt Prof. Dr. Nils Venhoff, Leitender Oberarzt an der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie. „Dieses Wissen ermöglicht es uns, Therapien besser auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und Nebenwirkungen zu minimieren.“
Wenn das Immunsystem den eigenen Körper angreift
Die Granulomatose mit Polyangiitis gehört zu den sogenannten Vaskulitiden, also entzündlichen Erkrankungen der Blutgefäße. In Deutschland sind nur wenige Tausend Menschen betroffen. Typische Symptome sind anhaltende Entzündungen der Atemwege, Nierenbeteiligungen und chronische Erschöpfung.
Ursache ist eine fehlgeleitete Immunreaktion: Das Abwehrsystem erkennt körpereigene Strukturen fälschlicherweise als Bedrohung und greift sie an. Ohne Behandlung kann die Krankheit lebensbedrohlich verlaufen.
Seit einigen Jahren gilt der Antikörper Rituximab als eine der wirksamsten Therapien. Das Medikament wirkt, indem es bestimmte B-Zellen des Immunsystems vorübergehend ausschaltet – jene Zellen, die an der Krankheitsentstehung beteiligt sind. Damit wird die fehlgeleitete Immunreaktion unterbrochen und die Entzündung gestoppt.
Freiburger Studie deckt neue Mechanismen auf
Das Freiburger Forschungsteam hat nun erstmals systematisch untersucht, wie sich diese Behandlung langfristig auf die Regeneration des Immunsystems auswirkt. Dabei zeigte sich: Einige Patientinnen und Patienten produzieren schon vor der Behandlung weniger neue B-Zellen im Knochenmark – ein bisher unterschätzter Risikofaktor.
„Nach der Gabe von Rituximab verstärkte sich dieser Effekt deutlich“, erläutert Prof. Dr. Marta Rizzi, Forschungsgruppenleiterin an der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie des Universitätsklinikums Freiburg sowie der Medizinischen Universität Wien. „Auch Monate nach der Therapie fanden wir nur eine geringe Neubildung von B-Zellen.“
Diese Erkenntnisse liefern wichtige Hinweise darauf, warum manche Betroffene nach einer Rituximab-Therapie besonders anfällig für Infektionen sind oder sich das Immunsystem nur langsam erholt.
Neue Wege für eine personalisierte Therapie
Die Forschungsergebnisse der Freiburger Gruppe haben das Potenzial, die Behandlung von Autoimmunerkrankungen grundlegend zu verändern. „Unsere Erkenntnisse könnten helfen, Rituximab künftig gezielter einzusetzen – etwa durch individuell angepasste Therapieintervalle oder engmaschigere Kontrollen nach der Behandlung“, sagt Venhoff.
Langfristig wollen die Forschenden herausfinden, welche biologischen Marker anzeigen, wie das Immunsystem eines Patienten auf die Therapie reagiert. So ließen sich möglicherweise Rückfälle frühzeitig erkennen und die Behandlungsdauer verkürzen, ohne die Wirksamkeit zu gefährden.
„Der Schlüssel liegt in der individuellen Medizin“, betont Prof. Dr. Jens Thiel, Direktor der Klinik. „Wir müssen verstehen, warum dieselbe Behandlung bei einem Menschen ideal wirkt, beim anderen aber unerwünschte Effekte auslöst. Dieses Wissen bringt uns näher an eine wirklich personalisierte Rheumatologie.“
Ein wichtiger Impuls für die Rheumatologie-Forschung
Der John Grube Preis gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen in der deutschen Rheumatologie. Mit ihm werden jährlich Forschungsarbeiten prämiert, die besonders innovative Ansätze in der Diagnostik oder Therapie von Autoimmunerkrankungen aufzeigen.
Die Jury lobte die Freiburger Studie als „exzellentes Beispiel für translational orientierte Forschung“, also für den erfolgreichen Brückenschlag zwischen grundlagenwissenschaftlicher Erkenntnis und klinischer Anwendung.
„Diese Auszeichnung bestätigt, dass Freiburg ein führender Standort für immunologische Forschung ist“, betont Thiel. „Sie würdigt nicht nur unsere Arbeit, sondern auch die hervorragende interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Universitätsklinikums und mit Partnern in Deutschland und Österreich.“
Forschung mit direktem Nutzen für Patientinnen und Patienten
Für die drei Preisträger*innen steht fest: Forschung darf nicht im Labor enden. Ihr Ziel ist es, die gewonnenen Erkenntnisse direkt in den klinischen Alltag zu übertragen. Schon jetzt laufen Anschlussstudien, in denen neue Methoden zur Beurteilung der Immunaktivität entwickelt werden.
„Jede wissenschaftliche Entdeckung ist nur dann wertvoll, wenn sie das Leben von Menschen verbessert“, sagt Rizzi. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, Therapien sicherer, verträglicher und wirksamer zu machen.“
Das Team der Freiburger Rheumatologie will die nächsten Jahre nutzen, um gemeinsam mit internationalen Partnern neue Strategien gegen Autoimmunerkrankungen zu entwickeln – ein Forschungsfeld, das gerade erst beginnt, sein volles Potenzial zu entfalten.
