Ein Tag der offenen Tür als Fenster in die Zukunft des Bauens
Am 30. September 2025 öffnete der Exzellenzcluster „Integratives computerbasiertes Planen und Bauen für die Architektur“ (IntCDC) der Universität Stuttgart die Türen seines Large-Scale Construction Robotics Laboratory (LCRL) in Waiblingen. Unter dem Motto „Forschung erleben“ konnten Besucherinnen und Besucher live verfolgen, wie Wissenschaft und Technologie das Bauwesen verändern.
„Wir sind stolz darauf, hier einen entscheidenden Beitrag zur Weiterentwicklung der Architektur und des Bauwesens im digitalen Zeitalter zu leisten“, erklärte Prof. Peter Middendorf, Rektor der Universität Stuttgart, zur Eröffnung. Zu den Gästen zählten Vertreterinnen und Vertreter aus Ministerien, Forschungseinrichtungen, Verbänden, der Industrie sowie der Internationalen Bauausstellung IBA’27. Auch zahlreiche Medienvertreter nutzten die Gelegenheit, um sich ein Bild vom Bau der Zukunft zu machen.
Neben den Führungen und Live-Demonstrationen fanden zwei zentrale Fachveranstaltungen statt: das IntCDC-Industriekonsortium, das den Transfer von Forschung in die Praxis fördert, sowie das zweite Postdoc-Netzwerktreffen des Forschungsverbunds AdvanceAEC, das der Cluster initiiert hat.
Forschung für das Bauen von morgen
Die Sprecher des Exzellenzclusters, Prof. Achim Menges und Prof. Jan Knippers, präsentierten die neuesten Forschungsergebnisse des Clusters. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie digitales Planen, computergestützte Fertigung und nachhaltige Materialien die Architektur revolutionieren können.
„In der ersten Förderphase konnten wir zeigen, dass durch Co-Design – also die integrative Entwicklung digitaler Planungsmethoden, robotischer Bauprozesse und zukunftsfähiger Bausysteme – enorme Fortschritte möglich sind: weniger Ressourcenverbrauch, weniger CO₂-Emissionen, mehr Produktivität und eine neue digitale Baukultur“, so Menges.
Nach der erfolgreichen ersten Förderperiode von 2019 bis 2025 hat der Exzellenzcluster nun den Zuschlag für eine Verlängerung bis 2032 erhalten. In der neuen Förderphase will das Team die Forschung mit einem Fokus auf biobasierte Materialien, zirkuläres Bauen und künstliche Intelligenz weiter vertiefen.
Interdisziplinarität als Schlüssel zur Innovation
Der Exzellenzcluster IntCDC ist ein Paradebeispiel für interdisziplinäre Spitzenforschung. Sieben Fakultäten der Universität Stuttgart arbeiten gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und ab 2026 auch mit dem neuen Partner Bauhaus Erde an der Vision eines nachhaltigen, ressourceneffizienten Bauwesens.
Diese Zusammenarbeit verbindet Architektur, Bauingenieurwesen, Ingenieurgeodäsie, Informatik, Robotik, Produktions- und Systemtechnik sowie Geistes- und Sozialwissenschaften. Nur so können die technologischen, ökologischen und gesellschaftlichen Dimensionen des Bauens ganzheitlich gedacht und gestaltet werden.
„IntCDC steht für eine neue Form des Forschens: Wir denken nicht in Disziplinen, sondern in Lösungen“, betont Prof. Knippers. „Nur durch den kontinuierlichen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis entsteht die Innovationskraft, die das Bauwesen grundlegend verändern kann.“
Roboter auf der Baustelle: Forschung zum Anfassen
Besonders eindrucksvoll war für viele Besucherinnen und Besucher der direkte Einblick in die laufende Forschung im Large-Scale Construction Robotics Laboratory. Das LCRL ist eine europaweit einzigartige Forschungsinfrastruktur, in der neue Bauprozesse in Originalgröße entwickelt, getestet und präsentiert werden.
Während der Führungen demonstrierten Forschende den Einsatz mobiler Roboter, KI-gesteuerter Manipulatoren und automatisierter Fertigungssysteme, die Baumaterialien präzise verarbeiten und montieren können. Gezeigt wurden unter anderem robotergestützte Verfahren zur Herstellung innovativer Holzbausysteme, die Fertigung kernlos gewickelter Faserverbundstrukturen sowie autonome Kransysteme für den On-Site-Einsatz.
Auch der sogenannte Gradientenbeton, ein Material, das durch gezielte Materialverteilung Ressourcen spart und die Stabilität erhöht, wurde live vorgeführt. Besucherinnen und Besucher konnten nicht nur zusehen, sondern direkt mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Gespräch kommen.
Forschung, die sichtbar und erlebbar wird
Das Konzept des LCRL verbindet Labor und Baustelle: Es ist nicht nur eine Testumgebung für robotische Bauprozesse, sondern auch ein Ort, an dem neue Technologien im Maßstab 1:1 demonstriert werden. „Forschung wird hier greifbar“, beschreibt Achim Menges den Ansatz. „Unsere Demonstratoren zeigen, wie digitale Werkzeuge und intelligente Maschinen den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden verändern können – von der Planung bis zum Rückbau.“
Die enge Verzahnung von Wissenschaft, Industrie und Handwerk sei dabei entscheidend, so Menges. Nur durch praxisnahe Forschung könnten Innovationen entstehen, die langfristig am Markt bestehen.
Bauen als Kulturaufgabe der Zukunft
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war der Ausblick auf den neuen Forschungsneubau des Exzellenzclusters IntCDC, der derzeit auf dem Campus Vaihingen der Universität Stuttgart entsteht. Das Gebäude wird selbst ein Demonstrator für nachhaltige Bauweisen und digitale Herstellungsverfahren sein – und gleichzeitig als Arbeits- und Begegnungsort für die interdisziplinären Forschungsteams dienen.
„Wir wollen zeigen, dass digitales und nachhaltiges Bauen nicht nur eine technische, sondern auch eine kulturelle Aufgabe ist“, sagte Prof. Menges zum Abschluss. „Mit dem neuen Forschungsbau schaffen wir einen Ort, an dem Zukunft sichtbar wird – für die Wissenschaft, für die Gesellschaft und für das Bauwesen insgesamt.“
Quelle: https://www.uni-stuttgart.de/universitaet/aktuelles/meldungen/Bauen-neu-denken/
